Donnerstag, 26. Dezember 2019

Optik Rathenow - Rot-Weiß Erfurt

16.03., Regionalliga Nordost, Stadion Vogelgesang 

Waren die interessanten Szenen aus der Regionalliga diese Saison fast immer an ungünstigen Terminen in Berlin/Brandenburg zu Gast, klappte es heute endlich mal wieder. Mit den Erfurtern sogar eine der besten Szenen Deutschlands, so zumindest ihre bescheidene Selbsteinschätzung. Ich selbst hatte sie einige Jahre nicht mehr (neutral) gesehen und mein Interesse war geweckt. Dem schloss sich C. samt Sohn an und die letztlich doch 90 minütige Anfahrt verstrich entsprechend kurzweilig. Nach einer kurzen Stippvisite auf dem Spielplatz, rollten wir über die schönste Zufahrtsstraße aller 18 Liga-Stadien. Der heutige Regen sorgte zusätzlich für allerlei Pfützen und Schlamm - Fußball bleibt dreckig. Mindestens genauso dreckig war der ausgerufene Eintritt. Stolze 12 Euro verlangte der alte Mann hinter der Glasscheibe. Mein überraschtes „Was?“ beantwortete er recht gleichgültig mit „Sie sind doch Vollzahler, oder?“. Ich habe mich ja schon leider an die 10€ (20 DM!) für einen Steher in der 4. Liga gewöhnt, aber 12 Taler für diesen Dorfclub!? Meine Herren! Da verwundert auch die Zuschauerresonanz von gerade einmal 601 Seelen, trotz großem Gegner, nicht.

Rund die Hälfte davon drückte den Absteiger aus der 3. Liga die Daumen. Von denen sich wiederum 250 unter der kleinen Tribüne im langen Gästeblock sammelten und sich aktiv am Support beteiligten. Beachtliche Quote und somit überraschend wenig Kutten, die sich in ihrer Disziplin „bestmöglich im Block verteilen“ auslebten. Der Zaun war teilweise zweireihig behangen und die kleinen sowie großen Fahnen fast ständig unterm Dach im Einsatz. Das machte optisch schon einiges her. Gesanglich war der Auftritt hingegen schon ausbaufähiger. Wirkte alles recht gezwungen, ohne Elan, Spaß und Leidenschaft. Wenn ich singe, dass mein Herz nur für den Verein schlägt, dann muss ich das auch so rüberbringen und nicht den Text emotionslos gen Platz leiern. Zwar wurden, gerade im zweiten Spielabschnitt einige Ausrufezeichen gesetzt, jedoch nur selten über eine längere Dauer. Absolut positiv fand ich die Zusammensetzung der Lieder aus landauf, landab bewehrtem und individuellem Liedgut. Das, sowohl als auch, fast immer über mehrere Minuten getragen wurde, sprach dann für sich. Optisch blieb, neben dem Block, noch eine dichte Schalparade, eingehaktes Springen und ein Spruchband (Regionalligareform) hängen. Also ja, ohne Frage, die Szene hat sich ordentlich entwickelt. Ob sie sich nun jedoch von der grauen Maus zu eine der besten Szenen des Landes gemausert haben, wage ich jedoch zu bezweifeln. Unterstützung erhielten sie heute aus Halle (12x). Und bei den Gastgebern!? Dorfpublikum unterster Schublade und auf einem Niveau mit der Tribüne von Auerbach und Meuselwitz. Was die Damen und Herren dort teilweise vom Stappel ließen, war einfach nur hochgradig primitiv. Mit süffisantem Gelächter wurden die Frauen und Männer von ihren jeweiligen Nebenmännern bestätigt und sich gegenseitig hochgeschaukelt. Das waren genau die Eigenschaften, die die Allgemeinheit von Fußballfans hat. Nur handelte es sich hierbei (wie so oft) nicht um organisierte Fans, sondern um irgendwelche Suffis vom Netto-Parkplatz.
Das Spielgeschehen lässt sich schnell abhandeln: Rathenow siegte, nach Führung der Gäste, mit 2-1. Da halfen alle Bemühungen von Trainergott Bredaric an der Außenlinie nichts und die Mannschaft durfte noch geschlossen zum Gästeblock antreten.