Dienstag, 5. März 2019

Ein gelungener Ausflug nach Ελλάς - Teil I

Spiele: Panaitolikos G.F.S. – AEK Athens, Panachaiki GE – Apollon Larissa

Auch diese Tour liegt schon wieder über ein Jahr zurück, somit gibt es nur einen kurzen Rückblick auf die Erlebnisse.
Dezember 2015, zu meinem letzten Besuch in Griechenland, stand die Einführung der dortigen flächendeckenden Fancard unmittelbar bevor (01.01.2016) und ich hatte schlimmste Befürchtungen. Diese wurden zum Glück nicht Realität, was allen voran natürlich daran lag, dass die Karte nicht wie geplant eingeführt wurde. Damit blieb Piräus die einzige Ausnahme. In allen anderen Stadien „reichte“ weiterhin der Ausweis zur Ticketbeschaffung. Dieser Umstand ist nicht schön, aber nicht neu und so war schnell eine vierköpfige Reisegruppe gefunden und vereinte sich einen Tag vor der Abreise bei mir.

Statt den Athener Flughafen mit dem Mietauto schnell hinter uns zu lassen, machten wir beim Vermieter des Vertrauens lange Gesichter. Unsere Reservierung galt für die Filiale in der Stadt. Statt mit Hohn und Spott den Schuldigen zu bestrafen, suchten wir nach einer möglichst schnellen und günstigen Lösung. Das Taxi setzte sich tatsächlich preislich und zeitlich gegenüber den Öffis und einer Umbuchung durch. Vor Ort klappte dann alles problemlos. Als Fahrer fungierte ich nicht und machte es mir hinten bequem. Vorne die Vernunft, hinten das Bier - daran änderte sich die sechs Tage nur selten etwas. 200 km waren es anschließend nach Patras. Nach dem wir die Schlüssel für unser zweitägiges Domizil in Empfang genommen hatten, verließen wir mit der Fähre die Halbinsel Peloponnes und kurvten Richtung Agrinio.


Panaitolikos G.F.S. – AEK Athens
06.01., Super League, Stadio Panetolikou

In den dunklen Gassen ums Stadion war schon einiges los. Klar, wenn einer der großen Clubs kommt, wird das sonst eher spärlich gefüllte Stadion heute recht voll. Überall saßen oder standen Gruppen jeglichen Alters, aßen Pita und tranken Dosen. Die gesamte Atmosphäre machte Lust auf das Spiel. Selbst das chaotische Gedränge an den Ticketschaltern und die an jeder Ecke lungernden konnten die Vorfreude nicht trüben. Wir taten es den Leuten bald gleich, rüsteten uns am Kiosk aus und machten es uns auf dem Platz vor dem Stadion gemütlich.
Das Stadion lag, wie angedeutet, in mitten der Wohnblocks und ist ein kleines (5.230 Plätze) Schmuckkästchen. Die drei vorhandenen Tribünen hoben sich komplett voneinander ab, alles war eng und klein. Leute die unter Aphephosmophobie (Berührungsangst) leiden, werden es auf dem Weg zu ihren Plätzen nicht leicht haben. Das zog sich wie ein roter Faden durch alle Bereiche. Somit lag der Gästeblock in direkter Nähe zu den Anhängern auf der Gegengerade und war nur durch einen kleinen Pufferbereich und einer Kette behelmter getrennt. Es dauerte keine fünf Minuten, die erste strittige Situation und der freundliche und eben noch lachende Opa pöbelte temperamentvoll in Richtung Gäste, die ihrerseits natürlich postwendend reagierten. Die Cops wurden maximal als Statisten von beiden Seiten wahrgenommen und eine handvoll Männer im gesetzten Alter hatten ein paar Backpfeifen verteilt. Als die Behelmten eine zweite und dritte Reihe aufzogen, wurden diese auch noch etwas bepöbelt und es kehrte bald wieder Ruhe ein.
Der Heimblock um die Warriors Gate 6 ist hingegen über die gesamte Spieldauer und noch darüber hinaus interessant zu beäugen. Starten tat der gut gefüllte Block mit einer schönen Pyroshow über die vollen Ausmaße der Tribün. Es leuchtete, rauchte und blinkte in mittlerer zweistelliger Zahl. Anschließend folgte eine Schalparade, an der sich der überschaubare Kern an Supportwilligen ablesen lies. Von den über 3.700 Zuschauern blieben maximal 250 Menschen übrig, nur selten stiegen weitere Fans ein. Das schmälerte den Auftritt jedoch nicht im Geringsten und gerade die zweite Halbzeit (1-4 Niederlage) blieb mit wilden Pogos, viel Armparaden und fast dauerhaft rhythmisches Hüpfen im Gedächtnis. Dabei wurde immer weiterhin mit Pyro und Schwenkelementen hantiert, beides wurde idealerweise auf der gesamten Länge des Blockes getan, wodurch die Bilder einen vollkommen anderen Eindruck über die Beteiligung erzeugten. Ob das so beabsichtigt war sei mal dahin gestellt.
Die Gäste reisten mit 250 Leuten an, konnten aber ohne Original 21 (mobilisierten zeitgleich zum Basketball in Patras) nur sehr selten auf sich aufmerksam machen und sind somit nur die Randnotiz wert. Nach dem eindeutigen 0-4 auf dem Platz roch es kurzzeitig noch nach feinsten Riots auf dem Grün, als 30-40 Leute aus dem Heimbereich den Zaun überwanden und den Weg zum Gästeblock einschlugen. Jedoch schienen weder sie, noch die Gäste als auch der Ausweichgegner in Form der Cops große Lust auf Ausschreitungen zu haben. Zwar überwunden auch die Herrschaften aus Athen schnell den hüfthohen Zaun und Graben zum Spielfeld mit rund 50 Leuten, doch feierten sie hinter der Bande nur ihren Trainer. Die Angreifer diskutierten am Mittelkreis mit dem Vereinsordner und waren sich im weiteren Vorgehen auch nicht mehr wirklich einig. Die Cops schauten zu.








Der Abend brachte nicht mehr viel, nicht mal mehr eine Fähre und so fuhren wir über die teure Brücke (über 2.250 m) nach Patras und erreichten um ein paar Euro ärmer unser kleines Apartment.
Der Sonntag begann ruhig mit einem ausgewogenen Frühstück, bestehend aus Rührei und Brot. Die Innenstadt schien anschließend genauso verwiesen wie der kleine Hafen. Es war nichts von einer alternativen und aufgeweckten Stadt zu merken. Einzig die Vielzahl an sozialistischen und auch kommunistischen Plakaten und Schablonen an den Hauswänden auf der einen und kleinere und größere Fußballgraffitis (in Patras gibt es eine Starke Sektion von Panathinaikos) auf der anderen Seite zeugten von einer intakten und lebhaften Jugendkultur in der Studentenstadt (insgesamt 200.000 Einwohner). Nun ja, vielleicht schliefen sie den Schlaf der Gerechten. Wir wechselten auf 800 m landeinwärts und schauten uns die Burg Patras an. Von ihr ist gerade so viel übrig, dass es noch als Burg zu erkennen ist und bietet ganz nebenbei einen schönen Blick über die Stadt und angrenzenden Berge.

Genug der Kultur, es stand das nächste Spiel auf dem Plan:

Panachaiki GE – Apollon Larissa
07.01., Football League, Stadio Kostas Davourlis

Eine Stunde vor dem Spiel trudelten, neben uns, auch die ersten Fans am Stadion ein. Wir umrundeten einmal das Stadion und landeten in der Kneipe unter der Gegengerade. Bier stellte auf der Tour nun wahrlich keine Ausnahme dar und ist daher eigentlich keine Erwähnung wert, wenn jedoch der Tisch direkt auf Höhe der Grasnarbe steht und nur ein Fenster uns vom selbigem trennt, muss dieser Zwischenstopp in den Zeilen auftauchen. Wir richteten uns schon gemütlich ein und verprassten den gesparten Eintritt in die nächste Runde Bier, da teilte uns der Wirt mit, dass er gleich schließen würde und, wenn wir das Spiel sehen wollten, uns Karten in einen der zwei kleinen Container vor der Tür holen sollten. Schade, immerhin hatten wir schnell unsere Karten in der Hand und latschten zum Eingang. An den Wänden gab es einige in die Jahre gekommene Graffitis der Hools am Box-Raum zu sehen. Die andere Seite des Stadions kommt da etwas frischer daher, wenn die Farbe auch dort nicht mehr die frischeste ist. Um die politische Ausrichtung der Szene wird kein Hehl gemacht, steht dort Antifa groß geschrieben an der Wand.
Das Stadion bietet etwa 11.000 Zuschauern Platz, wann ein Spiel in letzter Zeit nur ansatzweise so viele Leute angezogen hat, kann ich nicht sagen. Heute waren es gut gemeinte 2.300 und die meisten der Sitze blieben leer. Einen Katzensprung entfernt steht gar ein Stadion mit einem Fassungsvermögen von über 23.000 Zuschauern. Wir hatten aber Glück und es wurde im Stadio Kostas Davourlis gespielt. Das ist zwar nur auf drei Seiten bebaut, findet sich aber ganz sicher in meinen Top-20 wieder. Die Tribüne ist mit einem viel zu kurzen Blechdach einigermaßen vor Wind und Wetter geschützt, auf der Gerade gibt es ein solches nicht, nur der Sprecherturm thronte noch über die letzte Reihe. Die Kurve ist nur halb so hoch und für Zuschauer heute gesperrt. Alles scheint in die Jahre gekommen. Die Sanitäreineinrichtungen können es ohne Probleme mit ihresgleichen in Marokko aufnehmen. Die Schalensitze sind zum größten Teil ausgeblichen und es rostet einfach überall. Die Zäune stellen eine größere Gefahr, als eine Sicherheit da. Tolles Ding!
Der Block der Nortenos Patras/Gate 3 entfachte bei mir hingegen weniger Luftsprünge. Im ersten Durchgang gab es ein Spruchband zu sehen, im zweiten die drei großen und mehrere kleine Zaunfahnen, diese waren zwar eine deutliche Steigerung zu denen vom Vortag, das wirkliche Schmuckstück hing jedoch in der gesperrten Kurve. Vielleicht ein wenig zu groß und ein bisschen viel Politik aber die hatte Ausstrahlung, war ein bisschen chaotisch und hätte mehr zu dem Stadionumfeld gepasst als die Fahnen auf der Tribüne, hinter der sich rund 60-70 aktive Menschen einfanden. Die Intensität der vorgetragenen und wenig originellen Lieder schwankte bis zur hektischen Schlussphase (2-1 Anschlusstreffer für die Gäste) enorm. In den letzten 10 Minuten hingegen gab es sogar ein kleines, zartes Feuerwerk und das Dach wurde ausgenutzt. Nun ja, das Wetter war super, der nächste Arbeitstag eine ganze Ecke weg und nach dem Spiel gab es Pita... es hätte uns an diesem Tag im Januar deutlich schlimmer treffen können.






Der Abend war wieder schnell und kurzweilig verlebt. Hatte aber noch zwei Aufreger. Zum einen wurden wir beim Einstieg ins Pampeloponnisiako Stadio erwischt, konnten uns aber aus der Affäre ziehen und mein sogenannter Kumpel fuhr mir über meinem Fuß. Mit dem Auto fuhren wir nochmals in die Innenstadt, die bis auf teure Kneipen aber wieder keinen bleibenden Eindruck hinterließ.
Am frühen Morgen hieß es für ¾ der Reisegruppe ab in die Ausläufer des Panachaiko-Gebirges. Auf unseren Ausflug in die Berge machten gleich zwei Tierarten auf uns Eindruck. Zuerst überzeugte uns ein Rudel Hunde nach einer Stunde zum Umkehren und als wir fast das Auto erreicht hatten, konnten wir einen Machtkampf zweier Böcke aus nächster Nähe beiwohnen. Unfassbar, wie diese Tiere auf den puren Schädel eindreschten. Von diesem Gewaltsexes der Natur konnten wir uns nur schwerlich trennen. Den Weg zurück nach Athen legten wir diesmal auf den kleinen Straßen durch Taygetos-Gebirge zurück und hatten durch einige Stopps an besonders schönen Ausblicken oder Mahnmalen eine kurzweilige Rückfahrt. Unter anderem hielten wir in Kalavryta an. Dort nahmen im Jahr 1943 griechische Partisanen ca. 80 Nazis fest und ermordeten diese, nach immer größerer deutscher Gruppenbewegung in der Region, zwei Monate später. Die Sühnemaßnahmen begannen am 9.Dezember, nach der Entdeckung der toten Deutschen. Kalavryta und 25 weitere Dörfer wurden zerstört. Mindestens 700 griechische Männer wurden am 13.Dezember durch Maschinengewehrfeuer hingerichtet. Weitere Taten gegen die Zivilbevölkerung blieben nicht aus.
Athen erreichten wir nach einem abwechslungsreichen und interessanten Tag im Auto erst mit der Dämmerung. Wie immer in einer größeren Stadt, hatten wir etwas Probleme unserer Unterkunft zu finden. Was wir nach etwas Sucherei vorfanden war jede Anstrengung wert. Eine großzügige Wohnung, mit traumhaften Betten, ordentlich ausgestattetem Wohnzimmer und utopischen Balkon über den Dächern der Stadt.Die Umgebung war durch Rotlichtviertel und Drogenpark zwar nur bedingt familientauglich, jedoch umso interessanter zu beobachten.Vor der Haustür ein Kiosk und 100 m weiter ein Bäcker, wir konnten uns nicht beschweren und fühlten uns wie Borat im Hotel.












Zum Verweilen fehlte allerdings die Zeit, fix etwas in den Rachen geworfen und schon begaben wir uns zum Spiel: