Sonntag, 8. September 2019

1. FC Magdeburg – TSV 1860 München

24.08., 3. Liga, Heinz-Krügel-Stadion

Die Sechziger gehören zu den Szenen, die ich in meinen ganzen Jahren noch nicht ein einziges Mal betrachten konnte. Somit stand bei der Terminierung des Spielplanes schnell fest, den Kick lasse ich mir nicht nehmen. Eine Karte gab es problemlos über einen Bekannten (Danke). In den Wochen vor dem Spiel nahm ich wohlwollend zur Kenntnis, dass die Ossi-Hasser aus München per Sonderzug anreisen und die Ultras aus dem Block U das 10-Jährige vom Heinz-Krügel-Stadion feiern würden. Für einen interessanten Rahmen sollte demnach gesorgt sein.
 Bei meiner Ankunft am Magdeburger Bahnhof erinnerte wenig an ein großes Fußballspiel. Klar, die Gäste werden schon seit Jahren nicht mehr über den Hbf. geleitet. Die Münchner liefen somit abseits der Innenstadt mit etwas Pyro durch Magdeburg und erreichten ohne Zwischenfälle das Stadion. In der Innenstadt gab es hingegen viele Regenbogen-Fahnen, bunte Menschen mit eindeutigen Shirts und Sprüchen zu sehen. Rund 3.000 Leuten folgten heute dem Aufruf zum CSD in Magdeburg. Bis zum Spiel gab es somit einiges zu gucken. Interessiert wirkten auch die meisten Magdeburger und Fußballfans, nur nach dem Spiel nahm ich einiges Gepöbel gegen die „Schwuchteln“ war. Die Aggressoren wurden aber durch andere FCM-Anhänger schnell zu Recht gewiesen und schlichen anschließend von dannen. Auf den weiteren Weg zum Stadion war schon gut zu erkennen, dass weit über 90% dem Aufruf (Alle in Weiß) vom Block U folgten. Weiße Oberteile in der überfüllten Straßenbahn, weiße Oberteile schlängelten sich auf dem Fußweg zum HKS und weiße Oberteile saßen im Biergarten zusammen. An den Eingängen des Stadions wurden zudem „Heinz-Krügel-Stadion“-Shirts verkauft und fanden regen Absatz. So, dass es weit vor Anpfiff vor der Tribüne schon hieß: „Nur noch Größe S“. Ebenfalls schon vor dem Spiel wurde zwischen dem provisorischen Block U und dem Gästeblock einige Nettigkeiten ausgetauscht, ehe sich die ersten Magdeburger im Innenraum wiederfanden. Die Münchener nahmen fix ihre Zaunfahnen ab und überstiegen den Zaun zum Sitzplatzbereich der Gäste. Viel mehr passierte nicht. Die Fahnen blieben dem Zaun fern und die sechs, sieben FCM-Fans blieben, wahrscheinlich um Überraschungen zu verhindern, über das Spiel im Innenraum. Positiv muss ich schon fast die Ordner erwähnen, die entspannt blieben und nicht gleich die Cops anforderten.
„Unser HKS“ bildete sich zum Einlauf der Spieler mittels weißen Pappen auf blauen Grund über die komplette Gegengerade ab. Im Fanblock der Magdeburger wurden die erwähnten Shirts in den Himmel gereckt, ehe ein Wimpel zentral über die Köpfe der Menschen ausgebreitet wurde und ¼ des Blocks verdeckte. Auf diesem war, wie auf den Rücken der Shirts, Heinz Krügel abgebildet – Trainer der 74er Mannschaft, die den Europapokal gewann. Auch die Münchener Ultras hatten etwas vorbereitet. Mittels Netz und Teleskopstangen richtete sich ein Löwe im Block auf, der über die Erde thronte. Durch die kurze Hektik zwischen beiden Fanblöcken fehlte nun leider die passende Fahne der Münchener Löwen (1860) an der Front und schmälerte somit etwas das gesamte Bild.
Wie mittlerweile gewohnt, startete der Magdeburger-Anhang lautstark über alle Tribünen. Da kannst du als aktiver Gästefan sicher erstmal nur im Strahl kotzen. Die Sechziger nutzten jedoch schon die Zeit vor dem Spiel und konnten sich durch dauerhaften Gesang auch zwischendurch immer wieder Gehör verschaffen. Wobei bis zu mir, am Rand der Tribüne, nur selten verständliches Liedgut ankam und die Zeilen somit irgendwo zwischen Dach, Platz und Tribüne hängen blieben. Motiviert schienen die Mitreisenden auf jeden Fall zu sein und weit über die Hälfte beteiligte sich, bis zum 3-0 für die Gastgeber, an der Unterstützung. Dabei gab es vor allem viel Armeinsatz und Fahnen zu sehen. Vermutete ich spätestens jetzt den totalen Zusammenbruch der ausdauernden Gesänge, wurde ich zwei Minuten später und mit dem 4-0 (41. Min) eines besseren belehrt – selbst der Sitzplatzbereich ließ sich nun von den aktiven Fans anstecken! Die komplette zweite Halbzeit lieferten nun nah zu alle Löwen einen, auch an dem Spielstand und langen Anreiseweg gemessenen, guten Auftritt ab – zumindest meine optische Einschätzung. Denn auch als sich die Unterstützung auf den Block U konzentrierte, war der Eckblock der Gäste nur selten zu vernehmen. Zu laut, zu stark, zu geschlossen wurden die Lieder von der (heutigen) weißen Wand auf das Spielfeld getragen. Zwei dutzend Schwenkfahnen wehten dabei ständig im unteren Drittel verteilt im Block. Einzig in den ersten 20 Minuten der zweiten Hälfte war diese Ehre nur einer Heinz-Krügel-Fahne vorbehalten, ehe die Fahne vom Vorsängerpodest in den Block wanderte und auch die anderen Stoffe wieder durch die Luft geschwungen wurden. Bei den Gästen gab es zum Ende des Spiels noch ein Spruchband gegen Hasan Ismaik (Ismaik niemals einer von uns! 51+1 bleibt!) zu sehen. 5-1 hieß es nach 90 Minuten. Während die einen ihre Mannschaft feierten, bauten die anderen die geknickten Spieler auf.