Dienstag, 24. September 2019

PL: Doppler am Tag der Arbeit

Spiele: Stilon Gorzów – Stal Brzeg, Warta Gorzów - Górnik Polkowice

Im Anschluss der DGB-Demo schnell einen Mitfahrer eingesammelt, befanden wir uns noch vor dem Mittag auf den Weg nach Polen. Ein lockerer Doppler in Gorzów am Nachmittag des Mai-Feiertags wartete auf uns. Mit 100 Kilometern mehr und einer früheren Abfahrt wären gar verschiedene Dreier drin gewesen aber eine Absagen-Flut von potenziellen Mitfahrern, Hund im Gepäck, o.g. Demo und sicher auch die eigene Bequemlichkeit sprachen dagegen. Hinter der Grenze gab es lecker Frühstück in Form von zwei Tankstellen-Hot-Dogs und wir wechselten auf die Landstraße. Rzepin, die nächst größere Ortschaft, hatte schon das weiß-rote Gewand für den Folgetag angelegt. In Polen wird am 02.05. der Tag der Staatsflagge gefeiert, ehe am dritten der Tag der Verfassung gefeiert wird. Somit waren auch die nächsten Dörfer mit auffallend vielen Fahnen geschmückt.

Stilon Gorzów – Stal Brzeg
01.05., 3. Liga grupa III, Stadion OSiR ul. Olimpijska  

Am Eingang gab es sogleich den ersten Dämpfer. Für Hunde galt ein allgemeines Stadionverbot. Während der erste Ordner schnell nachgeben wollte, blies sich irgendeine Truller auf und erstickte die kurzzeitige Hoffnung im Keim. Blöde Sau! Auf Anfragen per Mail und Telefon reagierte Stilon leider nicht und so blieb nur der Versuch vor Ort. Nun ja, so ist es halt… selbst auf den letzten Dorfplätzen sind Hunde-Verbotsschilder schließlich keine Seltenheit. Juri und ich suchten noch nach einer Lücke im System, bzw. Stadionzaun, aber hier war kein Reinkommen. Hinter der Tribüne fanden wir bald ein Plätzen an dem das Spielfeld komplett einsehbar war und auch der Block der Fans ohne Einschränkungen zu beobachten war.
Mittig auf der Geraden sorgten 40-50 Leute für anhaltende Unterstützung. Dabei handelte es sich zum überwiegenden Teil um sehr junges Publikum, welches von zwei Alten angetrieben wurden. Lautstärke und Beteiligung waren somit wenig überraschend ausbaufähig, dass das bei Spielen mit Gegner auf den Rängen oftmals gänzlich anders in Polen aussieht, ist genauso bekannt, wie der Umstand, dass eben auch Stilon bei solchen Paarungen ein ganz anderes Kaliber auffahren kann. Die aktuelle Spielklasse darf jedoch ohne Zweifel als trostloseste aller vier Staffel genannt werden und so warten die Kibole seit Jahren (Ausnahme Spielzeit 17/18, als die Fußballsparte von Falubaz aufstieg) auf interessante Szenen. Der sportliche Niedergang und die Pleite 2011 haben zusätzlich ihre Spuren hinterlassen. Aktuell pilgern, trotz weit über 100.000 Einwohner, nur einige hundert Fans zu den Heimspielen. Heute werden es um die 400 gewesen sein und wurden mit einer ansehnlichen Partie für ihr Erscheinen belohnt. Stilon hatte zwar deutlich weniger vom Spiel, gelang aber auch zwei Mal gefährlich, während der ersten 45 Minuten, vor das Tor. Die Gäste hingegen konnten ihre Überlegenheit vorerst nicht ausspielen.
Im zweiten Durchgang wechselte Juri ins Auto und ich ins Stadion. Zähneknirschend drückte ich den immer noch geforderten Eintritt ab und schlängelte mich die Treppen hinauf. Eine abgefahrene Konstruktion aus Stahl macht einen Kassensturm unmöglich. Auch die weiteren Eindrücke ließen die 16 Złoty bald vergessen. Neben dem kleinen Verkaufsstand der Hools grillten zwei Sportler die leckeren Kiełbasa und überhaupt lungerte auf der Gegengerade überraschend viel Potenzial umher. Potenzial zeigten auch vereinzelte Besucher am Flachmann und hatten somit bald mit den Treppen zu kämpfen. Auf den Traversen herrschte eine lockere, fast familiäre, Atmosphäre. Die Leute schienen sich zu kennen und gegenüber so manchen Fremden nicht feindselig, sondern nahmen eher positiv Notiz  am Rand. In der Sonne wurde weniger der Fußball verfolgt, als vielmehr die gemeinsame Zeit verbracht - hat mir gut gefallen. Auf der Tribüne dann das ganze Gegenteil, dort wäre eine auf den Boden fallende Stecknadel zu hören gewesen. Stumm wurde das Spiel verfolgt, ohne sich mit dem Nebenmann zu unterhalten, bzw. wurde zum Nachbarn größtmöglicher Abstand gehalten. Dabei gab es für die Stilon-Anhänger im zweiten Durchgang eine Menge zu meckern und auszuwerten: 3-0 für die Gäste hieß es nämlich am Ende. Gefreut hat das Ergebnis nur einen einsamen Gast am Ende der Gegengerade, der sich lautstark über die Tore freute.  



Warta Gorzów - Górnik Polkowice
01.05., 3. Liga grupa III, Stadion Warty Gorzów 

Ein paar Kilometer weiter wartete das nächste Spiel auf uns. Über einen kleinen Fluß näherten wir uns zu Fuß dem Stadion. Genau wie die Spieler aus Polkowice, die anders als Warta, nochmal in der Kabine vor dem Spiel verschwanden. Das kleine Stadion besitzt nämlich keinerlei Firlefanz wie z.B. Kabinen, Flutlicht oder einen Zaun. Das machte es jedoch nicht weniger interessant, denn eingebettet zwischen verschiedenen Häusern und eben dem kleinen Flusslauf erwartete den Besucher eine einfache aber umso massivere Betontribüne mit einigen Sitzschalen. Zeit, Witterung, die jahrelange Nutzung und wahrscheinlich eine weniger liebevolle Pflege haben den einzelnen Stufen, aber auch einem kleinen Funktionsraum auf der Tribüne reichlich zugesetzt und sie passte sich perfekt dem Haus hinter dem Tor an. Wem der Eintritt von 10 Złoty zu viel war, der konnte sich problemlos auf einem Graswall zwischen Straße und Tor setzen oder auf der langen Geraden an den Zaun lehnen. Der Blick von dort unterschied sich keineswegs von dem unsrigen. So verwunderte es kaum, dass sich nachgezählte 70 Kibice den Eintritt sparten und die Alternativen in Anspruch nahmen. Mit den 250 Leuten (+ Hund) im Stadion ergab sich ein Zuschauerzuspruch, der kaum unter dem von Stilon lag - erschreckend. Viel mehr gab es von Warta nicht zu berichten. Eine Fahne am Zaun und der Chor der E-Jugend waren der spärliche Rahmen auf den Rängen. Mittels eingespielter Fangesänge über die Lautsprecher wurde versucht die Tristesse zu überspielen, sorgte bei den Anwesenden aber nur für Gelächter. Das Spiel war nach zwei Toren für Polkowice bereits im ersten Durchgang entschieden und so machten wir hinter das Spiel nach 45 Minuten einen Haken und traten die Heimfahrt an. Welche nur durch die Aufnahme von einigen Tankstellen-Hot-Dogs unterbrochen wurde. Neun Stunden nachdem wir uns trafen, trennten sich die Wege wieder nach einem abwechslungsreichen 1. Mai.