Montag, 8. April 2019

CZ: Doppler bei knackigen -16°C

Spiele: Slovan Liberec – FK Mladá Boleslav, FK Teplice – Baník Ostrava

Der Start in den Tag verlief durchaus zäh, dass lag weniger am Besuch, der dafür durchaus bekannt ist, als vielmehr an den schweren Freitagabend. Moscow Death Brigade und Stage Bottles gaben sich in Berlin die Ehre und wir uns dementsprechend die Kante und wilde Pogos. Statt in den eigenen vier Wänden das Bier in der Ecke stehen zulassen, musste es natürlich noch weiter gehen... immer n´ei in die Rüstung. Zeit für ein ausgedehntes Frühstück ließ uns jedoch der Verband am nächsten Tag, denn abgesehen vom Oberhaus pausierten die tschechischen Ballzauberer noch und Anpfiffe á la 10.15 Uhr gab es nur bei Testspielen, denen wir in weiser Voraussicht keinerlei Beachtung schenkten. Am späten Vormittag starteten wir zum ersten Spiel und erreichten Liberec pünktlich. Gar ein wenig stressiger Gang zur Bank war noch drin und in der Kurve vor dem Stadion pellten wir unser Mehrschichtsystem an.

Slovan Liberec – FK Mladá Boleslav
24.02., Czech Liga, Stadion u Nisy

Bei - im nach hinein - angenehmen -7°C zahlten wir den preiswerten Eintritt, gönnten uns eine bezahlbare Wurst und ein Bier. Nehme ich jetzt ein x-beliebiges Beispiel aus der Oberliga in/um Berlin zur Hand, hätte ich schon für den Eintritt mehr bezahlt... das war nicht neu, das war nicht überraschend und trotzdem war es wieder schockierend. Dabei meine ich nicht das Preisniveau in Tschechien, sondern die perversen Preise um den deutschen Fußball.
Auf die Liberecer-Szene war ich durchaus gespannt. Immer wieder schnappte ich von den Jungs und Mädels in letzter Zeit etwas auf und war umso erstaunter, dass ich keinerlei Weiterentwicklung zum letzten Spiel, immerhin lag dieses sechs Jahre zurück, sah. Vielleicht lag es am Wetter, vielleicht am Gegner oder vielleicht auch am lahmen Spiel (1-0 für die Gastgeber), aber das Geschehen auf den Rängen war einfach ausgedrückt - enttäuschend. Die vier großen Gruppenfahnen neben dem 60er Haufen (inkl. 1x Filmstadt Inferno aus Babelsberg) erinnerte eher ans Trainingslager, als an einen routinierten Heimauftritt. Zwar konnte der Block somit verkleinert werden, sah jedoch sehr unglücklich aus. Die italienischen Vokabeln gegen den modernen Fußball waren am Ende für mich der Hingucker, auch weil die Fahne schon seit einigen Jahren hängt. Ob diese nun unbedingt italienisch sein muss, darüber brauche ich zum Glück nicht zu richten. Hört sich sicher einfach besser an als auf Tschechisch... ganz sicher sogar. Die meisten deutschen Kurven können davon ein Lied singen oder halt eine Fahne malen. Gesungen wurde auch, immerhin von 25-30 Leuten im ersten Durchgang. Aber auch das war jetzt nicht besonders fesselnd. Auf der Tribüne fanden sich rund zwei Dutzend Leute ein. Dort geben die Chaotix den Ton an und sind sich mit den antirassistischen Ultras um die Supras eher weniger grün. In großzügigen Abständen kommen auch von ihnen einige Schlachtrufe während der ersten Hälfte.
Zur Halbzeit schafften es immerhin 50% unserer Gruppe in den VIP-Raum und genossen nicht nur Speis und Trank, sondern vor allem die wohltuende Wärme – ach, war das schön! Unser Mitleid für die anderen hielt sich - gelinde gesagt – in Grenzen. Zu lecker waren die Lachs-Bemmen und das Gulasch. Während der beiläufigen Blicke auf das Spielfeld und den sterblichen Rest nahmen wir schnell zur Kenntnis, dass wir draußen nicht mehr viel verpassten. Im zweiten Durchgang war in beiden Blöcken der Ofen aus und rein gar nichts mehr zu vernehmen. Kurz vorm Schlusspfiff war der Bauch voll und die Glieder wieder aufgetaut, fix noch zwei Teller Gulasch und zwei Bier für die anderen Beiden geholt, verließen wir Liberec in Richtung Teplice.



FK Teplice – Baník Ostrava
24.02., Czech Liga, Stadion Na Stínadlech

Auf der gut zweistündigen Fahrt fiel das Thermometer auf unmenschliche -16 Grad, dass wir die ersten Minuten der Partie verpassten und im warmen Auto nach einem Parkplatz suchten, konnten wir dementsprechend leicht verschmerzen. Der gleichen Ansicht waren wohl auch einige weitere Zuschauer. Vereinzelte Schalträger tauschten mit leichter Verspätung aber schnellen Schrittes die warme Kneipe gegen das kalte Stadion. Es war sogar so kalt, dass das Bier fror und das lag nicht am langsamen Verzehr der Stadionbesucher. Absolut krank! Kein Wunder also, dass das Stadion sehr leer blieb. Offiziell sollen 2.072 Zuschauer dem Spiel beigewohnt haben, ich hätte auf die Hälfte getippt.
Aus Ostrava (und Katowice) machten sich ca. 300 Leute auf dem Weg. Ein Teil von ihnen nahm einmal mehr den Zug als Fortbewegungsmittel und erreichte die Heimat erst am nächsten Vormittag. So romantisch eine schöne Zugfahrt ist, wenn ich mir vorstelle bei -20 bis -15 Grad die Nacht auf irgendeinen Bahnhof um die Ohren schlagen zu müssen, ich würde schon beim Gedanken an die Nacht kehrt machen. Daran verschwendeten die Gäste jedoch vorerst keinen Gedanken und legten einen ordentlichen Auftritt hin – gemessen an den Voraussetzungen (Stichworte: Temperatur, Gegner, Gästeblock, 0-0). Dauerhaft war der Großteil von ihnen in Bewegung und legte allem voran Wert auf Hüpf- und Klatscheinlagen. Besonders lautstark war die Unterstützung nicht, ob dies nun an den seitlich offenen Block oder doch an der fehlenden Intensität lag, mag ich nicht beurteilen. Es reichte dennoch aus, um sie im ganzen Stadion zu vernehmen. Sicher auch, weil der Heimblock (ca. 25 Leute, utopisch hässliche Fahnen) sich nur einmal zu Wort meldete. King Baník hatte also einmal mehr in der Liga ein Heimspiel. Ein Wunder wie sich die Szene und ihr Umfeld immer wieder motiviert. 300 Leute sind in Tschechien schließlich nicht ohne und dabei zählt die Zahl noch eher zu einen der schlechteren vom Anhang aus dem Nordosten des Landes. Nun ja, wie angedeutet wurden heute keine Bäume ausgerissen. Zwei Schwenkfahnen bildeten neben den Zaunfahnen den optischen Rahmen. Zu sehen gab es außerdem noch ein Spruchband für das anstehende Pokalspiel, ehe es zum Ende der zweiten Halbzeit das optische Highlight des Tages gab. Eine ausrangierte Blockfahne wurde als Sichtschutz genutzt und anschließend verteilte sich eine handvoll Sturmhauben im Block. 10 Breslauer und ein paar Fackeln erleuchteten im Block auf Kommando und ergaben ein gutes Bild. Und dass soll bei dem Block etwas heißen!










Das zweite Spiel riss somit einiges raus und zufrieden mit dem Tag, trotz aller Kälte, machten wir uns auf dem Heimweg. Dabei durften natürlich einige Bier nicht fehlen und zuhause angekommen, ging es an die Reserven – CZ in Reinkultur.