Sonntag, 11. Oktober 2020

Urlaub zwischen Fradi und der Austria (Teil II)

Spiele: Jadran Hrpelje-Kozina - Boreas Ajdovščina, UFC Altenmarkt – UFC Hallein, SV Wals-Grünau – Austria Salzburg 

Der Samstag ähnelte den Vortag, bis die slowenische 4. Liga mit dem Spiel 

Jadran Hrpelje-Kozina - Boreas Ajdovščina 
05.09., Primorska članska liga, Stadion Krvavi Potok 

rief. Die Dame verzichtete und schickte später angeberisch ein Bild vom dicken Eisbecher und Cocktail an der Strandpromenade. Ich schnappte mir hingegen den Hund und stieg bei weit über 30 Grad ins Auto. Klimaanlage musste ausbleiben – irgendein Leck, was die Kühlflüssigkeit frisst. Weil ich mir vor der Reise und bis dato reichlich Spielpläne fläzte und Infos zu den kleinen Szenen des Landes einholte, hole ich mal etwas aus. 
Slowenien plante zum Saisonstart die Zulassung von Zuschauern unter Einhaltung diverser Auflagen (ähnlich der bei uns). Die Spielpläne offerierten dabei etwas unglücklich, dass die ersten interessanten Spiele im Oberhaus mit uns im Büro – sprich vor dem Start des Urlaubs - stattfinden würde. Mehrere positive Corona-Tests bei Olimpija Ljubljana änderte jedoch die avisierten Pläne des Verbands und verschoben den kompletten Saisonstart. Und siehe da, Gorcia mit ihren Terror Boys lud nach dem geglückten Aufstieg wieder zum Derby gegen Koper. Izola stieg ebenfalls auf, wenn auch nur in die dritte Liga – auch hier sollte es passen. Zwar schenken die dort ansässigen Ultras dem Fußball nur selten ihre Aufmerksamkeit und sind in der Halle aktiver, dennoch hatte ich gerade Izola ganz weit oben auf dem Zettel. Vielleicht sind dem einen oder anderen noch die Bilder aus der kleinen Stadt an der Adria aus dem August dieses Jahres in Erinnerung. Mittels 300 Bengalos feierten die „Ribari Izola“ ihr 30-jähriges Bestehen. Die größtenteils in die Jahre gekommenen Ultras konnten sich dabei vor eher unüblichen Gratulanten kaum retten und so zeigte das regionale Fernsehen großes Interesse an den Feierlichkeiten sowie die Stadt, die sich in aller Öffentlichkeit für das jahrelange (soziale) Arrangement medienwirksam bedankte. Als Geschenk stellte die Stadt Izola den Ultras mehrere Trafohäus´chen und Stromkästen zur Umgestaltung zur Verfügung. Und dann kam doch wieder alles ganz anders… zwar sind die Zahlen der Epidemie in Slowenien, selbst im Verhältnis der geringen Bevölkerung, sehr überschaubar, dennoch ruderte der Verband zurück: keine Zuschauer. Zum Verband gehören die ersten beiden eingleisigen sowie die zweigleisige dritte Liga und somit sämtliche Vereine, die über eine Fanszene verfügen. Läuft! 
Anders als viele Szenen in Deutschland, versuchen die Ultras in Zusammenarbeit mit den Vereinen Konzepte auszuarbeiten, um wenigstens Teile der Zuschauerränge wieder (mit Leben) zu füllen. Natürlich stehen die Kurven von beispielsweise Nürnberg und Gorcia, wo sich die Terror Ultras um die Zulassung von 300 Zuschauern beim Heimderby bemühten, in keinerlei Verhältnis und dennoch finde ich diese Bemühungen und den Umgang mit der Epidemie positiv. Klar, kann ich sagen „alle oder keiner“ und sicher steckt in dieser Aussage mehr der Unmut über unsere Verbände in Deutschland - die einfach wieder los spielen als wäre Fußball der Nabel der Welt sein, als das eigene Ego - dass wir keinen auf Grund einer Epidemie vor den Stadiontoren lassen. Trotzdem zeigen uns vermeintlich kleine und eher unbedeutende Gruppen, dass wir auch lernen können bzw. vielleicht müssen, mit dieser Situation umzugehen. 300 Karten werden auch in Westslowenien bei einem Derby nicht reichen und trotzdem hat sich die Gruppe dafür entschieden, mit anzupacken, mit zu helfen, um einen Teil der abgespeckten Normalität zurückzubekommen. Eben nicht ein ellenlanges Statement in die Tasten zu hauen und mit einem Post bei Twitter, Facebook, auf der (oldschool) Homepage oder sonst wo auf den Zuspruch von ein paar Leuten zu hoffen, sondern den Weg der Ultras im Stadion – wo sie hingehören - und nicht auf weißem Papier zu gehen. Aber diese ganze Thematik würde den Rahmen , auch weil es kein richtig oder falsch gibt und am Ende jede Gruppe und Kurve sich für ihren Weg entscheiden muss.
Zurück in die vierte Liga und meinem Samstagnachmittags Programm. Nach zwei oder drei E-Mails in den Tagen vor dem Spiel und auch am heutigen Morgen wurde mir grünes Licht signalisiert. Zuschauer, ich und selbst mein Vierbeiner seien kein Problem und gerne gesehen. Ließ sich schön, stellte sich vor dem Stadion aber nur als die halbe Wahrheit raus. Zielstrebig lief ich auf den kleinen Eingang hinzu, zückte mein Geldbeutel, nur um dann in ein verwiesenes Kassenhäus´chen zu schauen. Zwei Ordner im gesetzten Alter kamen auf mich zu. Aufgrund der Ostblock-Vergangenheit und der damit verbunden Zweitsprache (russisch) in der Schule waren unsere gegenseitigen Fragen und ggf. Antworten wenig zielführend, auch wenn ich stolzer Besitzer einer russisch 4 auf dem Zeugnis bin. Mir schwante jedoch beim Wortfetzen „Convid“ schon bösen. Eine weitere gelbe Weste, in deutlich jüngerem Alter, wurde heranzitiert und sprach ähnlich gutes Englisch wie ich. Zuschauer seien erlaubt, jedoch nur nach vorheriger Anmeldung unter Abgabe der Personalien… bis gestern! Also ich bin ja nun weiß Gott kein Besserwissens, aber diese kleine Info hätte dem E-Mailverlauf doch nun wirklich einiges an Mehrwert gegeben. Weiterhin wusste er mir zu berichten, dass davon nur 8(!) Leute Gebrauch gemacht hätten und sogar die Spielerdamen durch ihr eigenes Versäumnis aus den Autos hinterm Tor das Spiel verfolgen müssten. Mit der „Acht“ hatte ich ihn und sammelte mein bescheidendes Vokabular, um ihn zu überzeugen, dass ein neunter Zuschauer mit abgelichtetem Führerschein wahrscheinlich keinen Polizei-Einsatz in den Bergen vor der italienischen Grenze auslösen würde. Mein Englisch war damit erschöpft, seine Geduld am Ende und er nahm mich mit auf den schönen Graswall! 
Schöner Graswall ist dabei gar nicht abwertend, als vielmehr positiv gemeint. Denn die Anlage konnte was. Nicht nur der Ausblick auf die umliegende Berglandschaft wusste zu gefallen, sondern auch das kleine Stadion. Auf zwei Seiten wurde die Erde vor X-Jahren zusammengeschoben und mittels einiger Betonkanten als Traversen für die hiesigen Zuschauer hergerichtet. Von jenen Kanten ragten nur noch die wenigstens aus dem Boden, viele wurden gar mit weiterer Erde wieder zugeschüttet. Statt Stehplätzen standen nun nämlich vor sich hingammelnde Holzbänke auf drei Ebenen den Leuten zur Verfügung. Damit nicht genug, warteten noch drei weitere Hingucker auf mich. Da wäre als erstes die Sprecherkabine, die mehr an ein Ufo erinnerte. Am Ende der Geraden ein total verrosteter und verbogener Maschendrahtzaun, der vor Jahrzehnten vielleicht noch ein paar jugoslawischen Hools aus der Pampe beherbergen durfte. Zu guter Letzt noch ein ausrangierter Lada, der in ein paar Jahren wahrscheinlich aussieht, wie der Zaun des Gästeblocks oder die Bänke. Von den vielleicht 40 Bänken wurden heute fünf Stück in Anspruch genommen. Sogar zwei Eltern von einem Spieler der Gäste schien sich vorab besser informiert zu haben, als ich es tat. Ihr Kommen wurde jedoch nicht belohnt, denn die Gäste ließen sich mit 11-0 abfertigen und hatten dabei wirklich nicht den Hauch einer Chance am ersten Spieltag einen Punkt zu sammeln. Vielmehr konnten sie froh sein, dass sich spätestens mit dem 6-0 zur Halbzeit jeder in die Liste der Torschützen eintragen lassen wollte. Um die Gäste konnte es einem schon fast leid tun. Da verletzte sich beim 3-0 auch noch das Mittelfeldass und der Trainer wechselte lieber sich selbst ein, als einen der zwei Ersatzspielern eine Chance zu geben. Fragte ich mich noch anfänglich über den Sinn der egoistischen Aktion, verstand ich diese Entscheidung bei deren Gekicke in der Halbzeitpause. Wie dem auch sei… paar schöne Tore waren bei, die Sonne lachte über uns und die torlosen Partien vom Anfang der Reise waren damit auch aufgewogen.


Sonntag war so etwas wie unser Reisetag, den wir trotzdem zu nutzen wussten. Nach einem Abschlussbad in der See, folgte ein kleiner Abstecher zu den Steilklippen zwischen Piran und Izola. Izola selbst wurde alleine wegen der genannten Stromkästen ein kurzer Besuch abgestattet. Im dortigen Stadion kickte gerade irgendeine Jugend auf Kleinfeld. So hungrig nach mäßigem Fußfall war ich dann aber nicht, dass ich mir den Hafer auch noch reindrehte. Ärgern tat ich mich dann eher, dass ich den Kick der Herren dort von der Liste strich. Denn auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit hätte ich hier super Sicht auf das Spielfeld haben können und wäre mit ein paar Bier aus der gegenüberliegenden Tanke sicher auch auf meine Kosten gekommen. 
So war es nun aber das italienische Trieste, was unsere volle Aufmerksamkeit für die nächsten Stunden erhielt. Eine Stadt, die ich bei doch so vielen Italien-Ausflügen noch nie, noch nicht einmal im Entferntesten auf dem Zettel hatte. Das liegt wahrscheinlich weniger am Stadtbild, als viel mehr an der Curva Furlan (benannt nach einem Ultra, der durch Schläge seitens der Polizei sein Leben verlor), die mich bisher für keine Anreise begeistern konnte. Die Stadt mit ihren 200.000 Einwohner verfügte über eine verhältnismäßig große Innenstadt, die an diesem Sonntag sehr belebt war und im Gegensatz zu den Städten im Süden auch mittags offene Pizzerien hatte. Nach dem auch ein Eis verspeist und reichlich Peroni im Kofferraum verstaut waren, rafften wir uns noch zu einer Wanderung an den malerischen Hängen westlich der Stadt auf. Die Weiterfahrt nach Bovec (Slowenien) im Soča-Tal verriet uns schnell, mit unserem längsten Aufenthalt alles richtig gemacht zu haben. Berge, die reißende Soča, tiefgrüne Wälder, Wasserfälle und und und... sogar unsere Unterkunft mit Gemeinschaftsküche konnte nach dem Kellerverließ in Piran wieder punkten. 
So starteten wir voller Motivation in den Montag. In Tolmin stiefelten wir durch die dortige Klamm. Ohrenbetäubend suchte sich das türkisgrüne Wasser seinen Weg durch die Felsen. Als nächstes folgte mein persönliches Urlaubshighlight: abseits in der Karte fand ich drei Wasserfälle, Wege waren in der Karte auch eingezeichnet. Nach dem ersten Felshang ließ sich meine Begleitung auf zwei und vier Beinen alleine fortschreiten und verpassten einen wahnsinnig geilen und anspruchsvollen Pfad. Total euphorisch und durchgeschwitzt lass ich die beiden wieder auf. Der nächste Anlaufpunkt war der Kozika-Wasserfall, der deutlich entspannter zu erreichen war und zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten der Region gehörte. Die schöne und direkte Umgebung bekommt dabei von vielen zu wenig Aufmerksamkeit ab, denn auch hier schlängelt sich der Fluss durch die massiven Berge. Auf den parallel führenden Trampelweg sahen wir somit kaum noch Menschen. 
Am nächsten Morgen wollten wir die Aussicht und nahen Gipfel der höchsten Passstraße des Landes (2.000 m ü. M.) genießen. Leider hatten dicke Wolken etwas dagegen und ließen uns statt in die Weite ins Weiße schauen. Von derlei Natur-Sperenzchen lassen wir uns jedoch nicht mehr aufhalten und schlugen trotzdem den Gipfel des Mangrat ab. Aber auch nur, weil dafür kaum mehr als 45 Minuten und nur wenige Höhenmeter zu Fuß abzuspulen waren. 
Nach der Niederlage gegen die Natur, wurde es zumindest kurz geschichtlich. Die hiesigen Bergketten waren im 1. Weltkrieg über zwei Jahre die Frontlinie zwischen Österreich-Ungarn und ihren verbündeten Bosnier auf der einen und den Italienern auf der anderen Seite. Alleine in dem Gebirgsteil verloren 250.000 italienische Soldaten für 44 km Landgewinn ihr Leben! Aber auch auf dem jetzigen Territorium Sloweniens erinnern viele Grabstätten an einen blutigen Krieg in kaum begeh- und schon gar nicht befahrbaren Gelände. In der Festung Kluže gibt es eine Ausstellung einige Bilder über den Krieg vor Ort. Eine kurze Wanderung zur Festung Herrmann erfolgte von mir am Nachmittag alleine. Während erstgenannte Festung fast unbeschadet alle Kriege überstand, ist nach einigen Einschlägen und durch Rohstoffmangel im zweiten Weltkrieg von Herrmann kaum mehr als eine Ruine übrig – trotz meterdicker Wände. 
Der Mittwoch blieb das Auto mal stehen und wir nutzten die gute Ausgangslage für eine gut sechsstündige Wanderung im Tal – immer entlang des Flusses. Neben einem Bad im bitterkalten Fluss sprang ein schöner Sonnenbrand heraus. Abkühlung schafften wir am Nachmittag von innen, als wir einen Biergarten der Stadt Bovec testeten. 
Rührei, Sachen packen und langsam Richtung Heimat. Heute stand der Weg nach Österreich auf dem Plan, der jedoch ein tagesfüllendes Programm bereithielt: Julius-Kugy-Denkmal (Werk: Arbeit-Musik-Berge) inkl. Rundweg durch die ihm zu Füße liegenden Schlucht, auf dem Vršič-Pass folgte ebenfalls eine Stippvisite (utopische Wanderungen möglich, hier hätte ich zwei Wochen verbringen können – nächstes Mal), der Jasna-See auf der anderen Seite der Julischen Alpen und zu guter letzt der Pericnik-Wasserfall mit seinem besonderem Ausblick. 
Unsere zwei letzten Nächte verbrachten wir also in Österreich, genauer in Altenmarkt. Was soll ich sagen, dieses Nest ist das Mekka für jeden Spießer. Überall Verbotsschilder, Paragraphen, Drohungen von Anzeigen auf jedem Hof und jeder Straße, Regeln an jeder zweiten Tür – Hilfe, hier möchtest du deine Kindheit oder deine rebellische Jugend definitiv nicht verbringen. Nach zwei Tagen empfand ich meine preußische Heimat schon gar nicht mehr so spießig. Kleines Beispiel aus unserer Unterkunft: da liegt ein A3-Faltblatt mit allerhand Verboten und Regeln (sogar wie auf dem Hof zu Parken ist) und endet mit den Worten „Bitte haltet euch an diese Hinweise, wir wollen keine Regeln aufstellen!“ Nun ja, also schnell den Flitzer bestiegen und am Freitag den Dachstein angefahren. Auf über 3.000 m wartete mein erster Gletscher auf mich. Habe ich mir irgendwie anders vorgestellt. War im Prinzip auch nur eine Schneefläche und kein blauer Eisblock, wie ich ihn aus dem Tiefkühlschrank kenne. Aussicht auf und Wandererlebnis über die felsige Landschaft halfen anschließend über die Enttäuschung jedoch hinweg. 

UFC Altenmarkt – UFC Hallein 
11.09., Landesliga Salzburg, Sportanlage Schlattenberg 

Wer bei den Namen auf eine Kampfsportveranstaltung im Salzburger Land hofft, kann getrost weiterscrollen. Fußball der vierthöchsten Spielklasse Österreich gab es! Im Prinzip hätten wir uns die 8€ auch sparen und von unserem Balkon das Spiel verfolgen können, aber wer will das schon – außer meiner Begleitung. So spazierten wir den kurzen Weg zu dritt „rüber“, bezahlten brav für die folgende Darbietung und suchten uns auf der kleinen Tribüne einen Platz. Das Stahlgerüst im Stahlkäfig (da haben Schweine auf dem Transport durch Europa mehr Platz im LKW) verfügte über 120 Sitzplätze, von welchen jedoch die Hälfte den Corona-Einschränkungen zum Opfer fielen und folgerichtig abmontiert wurden. Stattdessen sorgten Holzbänke, die jeder noch von früher aus der Sporthalle kennt für weitere Sitzmöglichkeiten - ganz ohne Abstand versteht sich. Über Sinn und Unsinn darf sich gerne der Kopf zerbrochen werden. Bestbesuchter Bereich waren jedoch die Stehtische um den Zapfhahn, auf welchen auch mitgebrachter Fusel Platz fand. Soviel zum drumherum. 
Das Spiel dominierte der Gast nach belieben und sorgte mit vier zu eins Treffern für reichlich Jubel unter den 30 mitgereisten Fans aus dem Salzburger Vorort. Die Heimseite konnte nur über die nächste Runde Bier jubeln. Ich tat es ihnen zur Halbzeit gleich, brachte den Hund heeme (8. Länderpunkt in der Tasche) und steckte mir zwei Biere aus dem Kühlschrank ein – Sparfuchs. Ja, wenn drei Anspielungen auf Alkoholkonsum in einem Text vorkommen, kann das Drumherum nicht viel hergegeben haben. Wobei, zum Ende schien der Sport tatsächlich noch in Richtung UFC zu gleiten. Nachdem ein Baum von Mann nicht mit der Meinung des Schiedsrichter einher ging, konnten nur noch zwei seiner Kumpanen ihnen vom Platz zerren und eine nonverbale Diskussion verhindert. Ich will die Schuld dabei gar nicht bei dem verschrienen Störenfried suchen, sondern viel mehr beim Platzwart. Nirgends auf dem Gelände fand sich nämlich ein Verbotsschild mit der Aufschrift „Tätlicher Angriff auf den Unparteiischen wird SOFORT zu Anzeige gebracht.“ 


Auch am letzten Tag meinte es das Wetter noch einmal gut mit uns und schenkte uns einen blauen Himmel um den Vorderen Gosausee im Schatten des Dachstein-Massivs. Und was soll ich schreiben, es war ein wunderschöner Anblick, der uns dort erwartete. Ich habe mit der Kamera sicher 30 Postkartenmotive eingefangen und verstehe von den Handwerk wirklich wenig. Diese letzten Meter in der Gegend waren ein weiteres Highlight in diesem Urlaub. Das letzte folgte jedoch am Nachmittag mit: 

SV Wals-Grünau – Austria Salzburg 
12.09., Regionalliga Salzburg, Hans-Ludwig-Stadion 

Die Geschichte der Austria aus Salzburg kennt vermutlich ein jeder. Im Jahr 2005 verkündete Red Bull sein Interesse um einen Einstieg bei der klammen Austria und vollführte diesen Schritt auch. Sorgte der Einstieg im ersten Moment für wenig Gegenwehr in der Fanszene (anders als in Deutschland sind und waren solche Einstige von Sponsoren beim Sport im Nachbarland nicht unüblich), änderte sich dass Verhältnis nach den ersten Eingriffen seitens des Unternehmens im Verein. Das Logo wurde ausgetauscht, die Vereinsfarben geändert. Die Kritik aus der Kurve ließ nicht lange auf sich warten und es entbrannte schnell ein Feuer, welches nicht mehr aufzuhalten war. RB verschärfte das eh in den Brunnen gefallene Verhältnis (Gründungsjahr sollte auf 2005 gesetzt werden, dagegen werte sich jedoch sogar der Verband; Stehplätze wurden zu Sitzplätzen; Kritiker erhielten Hausverbote) und die Fanszene sorgte mit Protest (Choreos, Pyro, Randale) ihrerseits für klare Kante. Die Wege trennten sich. Während RB Salzburg, nun auch unter eben jenen Namen, antrat und auf, im ohnehin schon schlecht besuchten Fußballgeschäft, vor wenigen Zuschauern antrat, fokussierte sich der traditionsbewusste Teil der Fans, Ultras, Mitglieder und Stadiongänger auf einen Neubeginn. Der erste Versuch, mit dem Verein Schwarz-Weiß Salzburg, scheiterte jedoch noch im Jahr 2006, weil der Verein nicht (so schnell) eine Auslagerung seiner Fußballabteilung garantieren wollte/konnte. Es folgte in der Saison 06/07 also der 2. Versuch als eigenständiger Verein in der untersten Liga. Mit Erfolg. Der Durchmarsch bis in die Regionalliga gelang. 2015 schafften sie sogar den Aufstieg in die erste Liga, dem fast eine Insolvenz auf den Schritt folgte, wohl aber der nächste Gang in die Dorfligen. Soviel in Kürze über den Verein, was wahrscheinlich interessanter ist als die Geschichte der anderen besuchten Vereine in den zwei Wochen.
Nicht nur ein Blick in den Verein ist jedoch interessant, denn sind wir ehrlich, lebt ein solcher Verein (Neugründung, seit nun mehr 14 Jahre Dorfplatz-Geplänke) doch vor allem durch seine Fans und die hatten in Österreich aber auch in Deutschland schon weit vor Red Bull und deren dreckigen Machenschaften einen Namen. Die „Tough Guys Salzburg“ gründeten sich bereits im Jahr 1992. Es folgten sieben Jahre später die „Union ´99 Ultrá Salzburg“ und „Lunatics Salzburg“. Erstgenannte aus dem Jahr 1999 waren es auch, welche den Stil vom britischen in Richtung italienischen lenkten und heute mit ca. 90 Mitgliedern die größte Gruppe in der „Curva Viola“ stellen. Die „jüngste“ (mag ich gar nicht so schreiben) Gruppe in der Kurve nennt sich „Fraternité Violette“ und stammt aus dem Jahr 2007. Diese ist dem einen oder anderen in Deutschland wahrscheinlich durch die Freundschaft nach Saarbrücken bekannt. Gruppen übergreifende Kontakte werden hingegen zur Curva Nord Barletta und Udine gepflegt. Wobei auch heute alle Arme beim „Saarbrücken“-Einklatschen in die Höhe gereckt wurden. 
Den Bogen zum heutigen Spiel habe ich bereits mit Saarbrücken geschlagen, jene waren heute also bei Austria zu Gast. Ob weitere Gäste auf der Tribüne vor Ort waren (weitere Kontakte zu Catanzaro und Aarau) entzieht sich meiner Kenntnis, wurden zumindest nicht weiter erwähnt. Die Austria bekam die Hälfte der Tribüne zugesprochen und machte sich dort mit einem ansehnlichen Haufen von über 150 Leuten breit. Irgendwelche Abgrenzungen, bis auf ein Flatterband, gab es aufgrund der nicht vorhandenen Gegner natürlich nicht und so vermischten sich alle 727 Zuschauer mehr und mehr im Laufe des Spiels. Abgesehen der Curve Viola natürlich. Breit aufgestellt und mit verschiedensten Schwenk- und Haltematerialien besangen sie ihre Austria hinter den verschiedenen Gruppenfahnen. Überhangen wurden diese mit den Konterfei der verstorbenen Szene Mitgliedern Gerli und Sascha. Das Liedgut traf dabei genau auf meinen bescheidenden Geschmack. Eigens kreiertes Liedgut mit Aussage, ein paar Evergreens und einigen wenigen Schlachtrufen, wenn es das Spielgeschehen denn hergab. Schade, dass manches Lied dann doch nur wenige Durchgänge aufrecht gehalten wurde... gerade als ich den Text so langsam beisammen hatte, wurde das Lied ausklingen gelassen. Koordiniert wurde der Block von zwei Vorsängern im Innenraum, die beide in unserer Szene wohl die Ältesten wären. Nicht nur dafür trugen die beiden Verantwortung, sondern schnappten sich nach einigen strittigen Szenen auch zwei Leute, die Richtung Linienrichter wollten. Richtig Fahrt nahm der Block mitte der zweiten Halbzeit auf, als ein wirklich in die Jahre gekommener Ultrá ganz ohne Megaphone die Leute nochmal motivierte. Die nun angestachelte Menge konnte das gute Niveau bis weit nach dem Abpfiff tragen und feierte die Mannschaft (Kurs auf Aufstieg,auch nach dem 1-1) während wir auf dem Parkplatz standen und erst nach einiger Warterei Richtung Heimat starten konnten. Ich verneige mich vor dem Verein und seinen Fans – die Austria wird euch alle überleben.