Mittwoch, 7. August 2019

FBC Gravina – Team Altamura

13.01., Serie D Girone H, Stadio Stefano Vicino

90 Minuten vor dem Spiel lungerten auf dem Parkplatz jedoch nur ein dutzend Jung´scher herum und erst eine Stunde später konnten wir unsere Biglietti – ohne Abgabe der Personalien – in Empfang nehmen. In der Zwischenzeit füllte sich die Schotterpiste nur spärlich und ich fragte mich, ob die zwei Plakataktionen (jeweils Verein und Noi Ultras Gravina) in der Stadt und die vergünstigen Tickets nur ansatzweise ihre Ziele erreichen sollten.

Nach laschen Kontrollen der Pigs liefen wir zwangsläufig den Ultras in die Arme. Die uns jedoch nicht als Fremde wahrnahmen, ihren Text bezüglich der heutigen Choreo runter leierten und mich mit einer A3-Pappe zum wenden ausstatteten. Spenden wurden, zumindest für uns nicht ersichtlich, nicht entgegengenommen. Gut, wer Geld für den Druck von zwei farbigen Pappen hat, wird nicht am Hungersnot nagen. Beim stillen beobachten der Szenerie musste ich schnell mein oberflächliches Bild über die Szene von Gravina über Bord schmeißen. Entgegen des Materials (Schwenk- und Zaunfahnen) hat der Nazihaufen zumindest bei der Wahl seiner Gruppen- und Fanutensilien ein gutes Gespür und auch das restliche Erscheinungsbild sowie die hohe Altersspanne (20-40) hatte ich nicht erwartet. Ebenfalls schienen die Jungs und Mädels (ja, Mädels müssen spätestens nach dem Flyer – Frauen in die hinteren Reihen – der Irriducibili (Lazio) explizit genannt werden) sowohl mit den Stadiongänger als auch mit dem Verein ein respektvolles und gutes Miteinander zu führen. Immer wieder schnackten sie mit Leuten verschiedensten Couleur und Leuten vom Verein.
Mehrere Detonationen auf der anderen Seite (Stadion war nur auf beiden Geraden bebaut) beseitigten jegliche Horrorszenarien eines kurzfristigen Gästeverbots. Lungerten bis 20 Minuten vor dem Spiel maximal 40 Leute im Block, wovon die Hälfte Cops und ganz getarnte Zivis waren, drangen nun Ultras und weitere Fans ein. Keine fünf Minuten dauerte der Einlass, da wurde den Verantwortlichen bewusst, dass der kleine Gästeblock für das heutige Derby (Gravina sieht das Spiel gegen Altamura als Derby, Altamura hingegen nicht) nicht ausreichend Kapazität hat. Angeführt von den aktiven Gruppen (Irriducibili 2003, Altamura 1988 und A gomito alto – stehen allesamt ihren Gegenüber im Punkt Politik um nichts nach) wechselten alle Gäste in den großen Block und machten sich auf Höhe der Mittellinie breit. Bis zum Anpfiff fanden sich – zum größten Teil zusammenstehend – rund 500 Rot-Weiße aus dem nicht einmal 15 km entfernten Altamura ein. Diese legten, bei langem noch nicht alle im Block, sogleich los wie die Feuerwehr. Hüpfend wurden schon die ersten Fackeln angerissen, da waren die Spieler noch nicht einmal unter der Tribüne zusehen. Verschenkte Power vor dem Showdown? Mitnichten, das Vereinslied von Gravina wurde komplett übersungen, immer wieder loderte es im Block und beinahe der gesamte Block flippte aus. Dazu wieder eine dieser kranken Papierbomben - geil!
Nun war es soweit, die Spieler standen bereit und die Heimtribüne nahm die Farbe gelb an. Als Highlight schaute ein Adler mittels Blockfahne zentral von der Tribüne. Auf Kommando wurden die Pappen gedreht und das helle (gelb) Bild verdüsterte sich bei dunklem (blauen) Hintergrund. Das Spruchband „fuori gli artigli“ (Aus den Krallen) erschließt/erschloss sich mir dabei jedoch leider nicht 100%. Insgesamt sicher kein bahnbrechendes Ergebnis und die Gestaltung des Spruchbandes wirkte etwas lieblos, aber als Fan von Papier/Pappen als Choreo-Material war ich glücklich, die Elemente zu sehen. Findet, im Gegensatz zu früher, heute leider viel zu selten noch Einsatz. Aber wie könnte sich UGE so eine Choreo im Wert eines durchschnittliches (ostdeutschen) Jahresgehalt rühmen oder die Muttenzerkurve das moderne Tribünen-Publikum ohne 3D-Brille glücklich machen? Fragen über Fragen, die im Mutterland der Ultras zum Glück niemanden interessieren.
Von der akustischen Darbietung der Gastgeber nahmen wir leider überhaupt nichts war. Zwar sahen wir in regelmäßigen Abständen eine hohe Beteiligung (~250) bei den Klatschparaden am anderen Ende der Tribüne, in unsere Ohren drang allerdings nichts. Optisch traten sie hingegen weiterhin in Erscheinung. Sei es durch den immer wieder kehrenden Einsatz von einzelnen Bengalos, den dauerhaften Einsatz von drei, vier Schwenkfahnen oder der bunten Rauchsäule zum Intro des zweiten Durchgangs. Nicht unerwähnt soll eine Spendenaktion der Noi Ultras Gravina bleiben, knapp 1.000€ wurden für einen erkrankten Jungen (Muskelschwund) gesammelt und heute übergeben.
Der Gästeanhang hielt sein hohes Level leider nur die ersten 10-15 Minuten. Als die letzten weiß-roten Rauchschwaden verzogen waren, nahm der Support bald ab. Zwar beteiligten sich immer noch etwas über die Hälfte des Anhangs, die Lautstärke blieb aber vor erst auf der Strecke. Gesanglich war es dennoch eine runde Sache. Abwechslungsreich und mit allerlei Bewegung wurden die Lieder vorgetragen, mittels Doppelhalter und kleinen Fahnen der Block zudem belebt. Nachdem der Wiederanpfiff ertönte, konnten die beiden Vorsänger den Mob nochmals motivieren und bis zu unserem Rückzug (ca. 70. Minute) auf Trab halten.