13.01.,
Serie D Girone H, Stadio Stefano Vicino
90
Minuten vor dem Spiel lungerten auf dem Parkplatz jedoch nur ein
dutzend Jung´scher herum und erst eine Stunde später konnten wir
unsere Biglietti – ohne Abgabe der Personalien – in Empfang
nehmen. In der Zwischenzeit füllte sich die Schotterpiste nur
spärlich und ich fragte mich, ob die zwei Plakataktionen (jeweils
Verein und Noi Ultras Gravina) in der Stadt und die vergünstigen Tickets nur ansatzweise ihre Ziele erreichen sollten.
Nach
laschen Kontrollen der Pigs liefen wir zwangsläufig den Ultras in
die Arme. Die uns jedoch nicht als Fremde wahrnahmen, ihren Text
bezüglich der heutigen Choreo runter leierten und mich mit einer
A3-Pappe zum wenden ausstatteten. Spenden wurden, zumindest für uns
nicht ersichtlich, nicht entgegengenommen. Gut, wer Geld für den
Druck von zwei farbigen Pappen hat, wird nicht am Hungersnot nagen.
Beim stillen beobachten der Szenerie musste ich schnell mein
oberflächliches Bild über die Szene von Gravina über Bord
schmeißen. Entgegen des Materials (Schwenk- und Zaunfahnen) hat der
Nazihaufen zumindest bei der Wahl seiner Gruppen- und Fanutensilien
ein gutes Gespür und auch das restliche Erscheinungsbild sowie die
hohe Altersspanne (20-40) hatte ich nicht erwartet. Ebenfalls schienen
die Jungs und Mädels (ja, Mädels müssen spätestens nach dem Flyer
– Frauen in die hinteren Reihen – der Irriducibili (Lazio)
explizit genannt werden) sowohl mit den Stadiongänger als auch mit
dem Verein ein respektvolles und gutes Miteinander zu führen. Immer
wieder schnackten sie mit Leuten verschiedensten Couleur und Leuten
vom Verein.
Mehrere
Detonationen auf der anderen Seite (Stadion war nur auf beiden
Geraden bebaut) beseitigten jegliche Horrorszenarien eines
kurzfristigen Gästeverbots. Lungerten bis 20 Minuten vor dem Spiel
maximal 40 Leute im Block, wovon die Hälfte Cops und ganz getarnte
Zivis waren, drangen nun Ultras und weitere Fans ein. Keine fünf
Minuten dauerte der Einlass, da wurde den Verantwortlichen bewusst,
dass der kleine Gästeblock für das heutige Derby (Gravina sieht das
Spiel gegen Altamura als Derby, Altamura hingegen nicht) nicht
ausreichend Kapazität hat. Angeführt von den aktiven Gruppen
(Irriducibili 2003, Altamura 1988 und A gomito alto – stehen
allesamt ihren Gegenüber im Punkt Politik um nichts nach)
wechselten alle Gäste in den großen Block und machten sich auf Höhe
der Mittellinie breit. Bis zum Anpfiff fanden sich – zum größten
Teil zusammenstehend – rund 500 Rot-Weiße aus dem nicht einmal 15
km entfernten Altamura ein. Diese legten, bei langem noch nicht alle
im Block, sogleich los wie die Feuerwehr. Hüpfend wurden schon die
ersten Fackeln angerissen, da waren die Spieler noch nicht einmal
unter der Tribüne zusehen. Verschenkte Power vor dem Showdown?
Mitnichten, das Vereinslied von Gravina wurde komplett übersungen,
immer wieder loderte es im Block und beinahe der gesamte Block
flippte aus. Dazu wieder eine dieser kranken Papierbomben - geil!
Nun
war es soweit, die Spieler standen bereit und die Heimtribüne nahm
die Farbe gelb an. Als Highlight schaute ein Adler mittels Blockfahne
zentral von der Tribüne. Auf Kommando wurden die Pappen gedreht und
das helle (gelb) Bild verdüsterte sich bei dunklem (blauen)
Hintergrund. Das Spruchband „fuori gli artigli“ (Aus den Krallen)
erschließt/erschloss sich mir dabei jedoch leider nicht 100%.
Insgesamt sicher kein bahnbrechendes Ergebnis und die Gestaltung des
Spruchbandes wirkte etwas lieblos, aber als Fan von Papier/Pappen als
Choreo-Material war ich glücklich, die Elemente zu sehen. Findet, im
Gegensatz zu früher, heute leider viel zu selten noch Einsatz. Aber
wie könnte sich UGE so eine Choreo im Wert eines durchschnittliches
(ostdeutschen) Jahresgehalt rühmen oder die Muttenzerkurve das
moderne Tribünen-Publikum ohne 3D-Brille glücklich machen? Fragen
über Fragen, die im Mutterland der Ultras zum Glück niemanden
interessieren.
Von
der akustischen Darbietung der Gastgeber nahmen wir leider überhaupt
nichts war. Zwar sahen wir in regelmäßigen Abständen eine hohe
Beteiligung (~250) bei den Klatschparaden am anderen Ende der
Tribüne, in unsere Ohren drang allerdings nichts. Optisch traten sie
hingegen weiterhin in Erscheinung. Sei es durch den immer wieder
kehrenden Einsatz von einzelnen Bengalos, den dauerhaften Einsatz von
drei, vier Schwenkfahnen oder der bunten Rauchsäule zum Intro des
zweiten Durchgangs. Nicht unerwähnt soll eine Spendenaktion der Noi
Ultras Gravina bleiben, knapp 1.000€ wurden für einen erkrankten
Jungen (Muskelschwund) gesammelt und heute übergeben.
Der
Gästeanhang hielt sein hohes Level leider nur die ersten 10-15
Minuten. Als die letzten weiß-roten Rauchschwaden verzogen waren,
nahm der Support bald ab. Zwar beteiligten sich immer noch etwas über
die Hälfte des Anhangs, die Lautstärke blieb aber vor erst auf der
Strecke. Gesanglich war es dennoch eine runde Sache.
Abwechslungsreich und mit allerlei Bewegung wurden die Lieder
vorgetragen, mittels Doppelhalter und kleinen Fahnen der Block zudem
belebt. Nachdem der Wiederanpfiff ertönte, konnten die beiden
Vorsänger den Mob nochmals motivieren und bis zu unserem Rückzug
(ca. 70. Minute) auf Trab halten.